Friedhof und Eisenbahn – Deutsche Kolonialspuren in Togo

Als am 5. Juli 1884 die deutsche Flagge in Bagida, Togo gehisst wurde, war vermutlich den wenigsten bewusst, dass dieses Land in ein paar Jahren als die deutsche „Musterkolonie“ in Afrika bezeichnet werden würde. Im Vergleich zu anderen Kolonien, unternahmen die Kolonialherren in dem neu besetzten Land größere Anstrengungen im Bereich des Schul- und Gesundheitswesens, sowie im Handel und der Wirtschaft.

Nach dem Handelszentrum Lomé war es unter anderem die kleine Stadt Kpalimé, die sich aufgrund seiner Lage, den Waren und dem für die Deutschen angenehmen Klima, zu einem wichtigen Handels- und Marktort entwickelte.

Bis heute noch kann man in und um die Stadt herum die Ruinen der einstigen Kolonialherren aus Deutschland erkennen.

Ich war vor Ort und habe mich mit Hilfe der leicht vergilbten Anzeigetafeln, die neben den kolonialen Spuren auf Deutsch, Französisch und Ewe Informationen vermitteln, informiert.


Misahöhe

Nachdem in Lomé der Herrschaftssitz der deutschen Verwaltung mit einem Gouverneur an der Spitze gefestigt war, wurden die südlichen Regionen Togos in zehn Bezirke eingeteilt. Jeder dieser Bezirke enthielt jeweils eine Bezirksstation mit einem Bezirksvorsteher, welcher, entsandt von dem Gouverneur, in seinem Bezirk für Ruhe und Ordnung zu sorgen hatte.

Kpalimé war damals Zentrum des Bezirks „Missahohé“. Die dazugehörige Station „Misahöhe“, wurde 1890 in den Bergen von Kloto, ca. 18 km von Kpalimé entfernt, gegründet. Der Betreiber und damalige Gouverneur Togos Jesko von Puttkamer benannte sie nach seiner Jugendromanze Mária Esterházy de Galántha, dessen Spitzname Misa war.

Bis heute noch besteht dieser Name.

Kolonialer Anspruch

Die Station war strategisch gut gelegen. Sie sicherte den Deutschen Zugang zu den zuvor schwer erreichbaren Gebieten in den Bergen und förderte somit den deutschen Handel. Doch vor allem die kolonialpolitische Bedeutung, die von dem Bau der Station ausging, schien den Deutschen von Vorteil zu sein. Misahöhe lag in einem damals umstrittenen Gebiet zwischen Großbritannien und Deutschland. Jetzt, wo die Deutschen eine Station am einzigen über die Togogebirgskette führenden Pass gebaut hatten, bekräftigten die Deutschen ihren kolonialen Anspruch.

Auf dem Gelände der Station wurden mehrere Gebäude wie Verwaltungsgebäude, Lagerräume, ein Wohnhaus für die Familie des Stationschefs und später auch ein Gefängnis gebaut. Selbst ein Friedhof ist heute noch zu besuchen. Er ist unter den Togoerinnen und Togoern noch als „cimetière des allemandes“ (Friedhof der Deutschen) gut bekannt. Auf ihm liegen die Stationsleiter mit ihren Familien unter Palmen begraben.

Nach 1900 entwickelte sich der Bezirk Misahöhe zu einem Standort gewinnbringender Exportwaren wie zum Beispiel Kakao. Auch die Missionsgesellschaften, unter anderem die Norddeutsche Mission, hatten sich in Kpalimé angesiedelt. Die Zahl der dort lebenden Europäer*innen stieg innerhalb von sechs Jahren von 53 im Jahr 1907 auf 84 Personen im Jahr 1913. Um ihre medizinische Versorgung zu verbessern, wurde 1907 ein Arzthaus errichtet. Es war das erste Gebäude, das von der deutschen Regierung im Landesinneren gebaut wurde, und ist bist heute das älteste noch stehende Krankenhaus in Togo. Wie so häufig überließen die Kolonialherrn den Bau des Hauses den Einheimischen, deren Arbeit als Steuerleistung galt.

Heute ist das Krankenhaus zu einer Krankenstation umgebaut, in der Vorsorgeuntersuchung gemacht werden.

Eisenbahnlinie

So richtig konnten die Deutschen ihre Machtposition in der Kolonie erst ab dem 20. Jahrhundert festigen. Die Grenzen um 1900 waren so festgelegt, dass ein Gebirgszug das Land in der Mitte durchtrennte. Die Handelswege zum Handelszentrum Lomé an der Küste war den Einheimischen dadurch um einiges erschwert. Sie führten nicht direkt zur Küste, sondern den Flüssen nach in die benachbarten britischen (heute Ghana) und französischen Kolonien (heute Bénin). Als Lösung für dieses Problem sahen die Kolonialherren den Bau von Eisenbahnlinien. Mit der Fertigstellung der ersten Eisenbahnlinie, der sogenannten „Kokosnussbahn“ zwischen Lomé und Aného, konnten die Waren schneller und bequemer zum Hafen gelangen.

Die Spuren der zweiten Bahn, der „Kaffee- und Kakaobahn“, sind in Kpalimé noch gut zu erkennen. Feierlich eröffnet wurde die 119 km lange Bahnstrecke am 27. Januar 1907 zum Geburtstag Kaiser Wilhelms II.. Auch sie sollte den Handelsweg von Kpalimé nach Lomé für Agrargüter vereinfachen wie Kakao, Ölpalmen und Kaffee, die in der Region in großen Mengen geerntet wurden. Auch einige Waggons für den Personenverkehr kamen zum Einsatz. Am Ende der deutschen Kolonialzeit gab es in Togo insgesamt eine Schienenstrecke von 327 km.

Mit der Mandatsübernahme der Franzosen nach der deutschen Niederlage im Ersten Weltkrieg waren auch die Bahnlinien in Togo in französischen Händen. Da diese für sich keinen Vorteil in der Investition der Bahnen sahen, blieb der Geldhahn für nötige Sicherheitsmaßnahmen und Erneuerungen zu, und die Bahn wurde sich selbst und den Togolesen überlassen. „Sie fuhren bis es sicherheitstechnisch und mechanisch nicht mehr möglich war“, sagte mir Kudzo Agbenu Alotsi. Offiziell sind die Bahnen seit 1990 stillgelegt. Übrig bleiben die Schienen, die vereinzelt noch aus dem Boden ragen.

Die Natur greift sich schnell zurück, was ihr einst gehörte.

Ausbeutung

Der Historiker versuchte, mir am Beispiel der Bahnlinien zu erklären, warum seiner Meinung nach viele Togoerinnen und Togoer heute überschwänglich positiv über die deutsche Kolonialzeit reden und eher negativ über die französische.

Sicher, jede Art von Kolonialismus bedeute Ausbeutung und sei schlichtweg nicht schön zu reden, meinte er. So sei es wichtig zu bedenken, dass bei jeder Umsetzung der oben genannten Pläne der Deutschen, Einheimische unter unmenschlichen Bedingungen, häufig ohne Lohn zur Arbeit gezwungen wurden.

Doch vergleiche man die zwei europäischen Kolonialmächte, die das Land und seine Bewohner*innen insgesamt über 76 Jahre lang besetzten, so habe die eine deutlich mehr nachhaltige und innovative Entwicklungen (wie die Bahnlinien) in das Land gebracht als die andere. Wenn auch natürlich nicht auf Augenhöhe, sei es mit den Deutschen mehr ein Austausch zwischen den Einheimischen und der Kolonialherrschaft gewesen. Die Franzosen hingegen seien mehr auf das Nehmen aus gewesen und nur wenig – soweit sich die Togoer heute noch erinnern können – sei zurück gekommen. Dadurch, dass die Deutschen zu ihren eigenen Gunsten darauf bedacht waren, großen Aufwand in die Wirtschaft und somit auch die Infrastruktur des Landes zu legen, profitierten auch die Einheimischen von dem Prinzip „Musterkolonie-Togo“.

Umso wichtiger ist es meiner Meinung nach, dass neben den noch sichtbaren Spuren der Deutschen heute Hinweis-Tafeln in drei verschiedenen Sprachen Passanten informieren. So werden einem auch die Schattenseiten, die der Kolonialismus mit sich bringt, wieder ins Gedächtnis gerufen. Ganz egal, wer diese Kolonialisten waren.

Weihnachten In Anders Und Doch So Ähnlich

Die Weihnachtszeit hat doch immer etwas magisches an sich. Die Straßen sind geschmückt, zu Hause wird es heimelig und es duftet nach Zimt, Glühwein, Spekulatius und vielem mehr – Weihnachten eben.

Meine Weihnachten sahen bisher immer sehr ähnlich aus: Tannenbaum im Wohnzimmer, viele verschiedene Variationen von Plätzchen, Adventskalender, Adventskranz, Weihnachtsmarkt Besuche mit Glühwein und -ganz wichtig- Familie. Kommt euch diese Aufzählung der Weihnachtsbräuche vielleicht auch so vertraut vor?

Ich kenne es so, dass für viele in Deutschland das Weihnachtsfest und die Adventszeit davor eine wichtige Angelegenheit darstellen, und teilweise so ein Tamtam darum gemacht wird, dass dadurch sogar diese schöne Zeit zu einem Stressfaktor wird. Selbst die deutschen Kirchen sind zu Weihnachten auf einmal überfüllt! Naja, ihr wisst wahrscheinlich wie Weihnachten in Deutschland aussieht.

Ich möchte euch jetzt ein bisschen über meine Weihnachten in Togo erzählen.

Wir wurden schon früh darauf vorbereitet, dass Weihnachten in Togo anders sein würde. Sowohl unsere Vorfreiwilligen, als auch die Togolesen mit denen wir dann Vorort redeten, wollten uns wohl schon so früh wie möglich auf den Boden der Tatsachen ziehen. So wurde uns gesagt: „Weihnachten ist hier nicht so ne große Sache, sondern eher das Fest für Kinder. Silvester ist viel cooler!“

Und so in der Art war es dann auch: Wenn man nicht genau darauf geachtete hätte, und bemerkt hätte, dass beispielsweise die Kinder Weihnachtslieder in der Schule sangen, hätte man sonst in Kpalimé nicht wirklich mitbekommen, dass es Weihnachten war. Insofern wussten wir, dass wir es selber in der Hand hatten, unser erstes Weihnachten von zu Hause entfernt so schön wie möglich zu gestalten.

Dazu kam, dass das Weihnachts-feeling nochmal schwieriger zu empfinden war, während draußen täglich die Sonne schien und die Bäume grünes Laub trugen. Es war „harmattan“ Zeit (Trockenzeit), und das letzte Mal geregnet hatte es Anfang Dezember. Die Tage wurden immer heißer; Mittags bis 35 Grad, während die Nächte immer kühler wurden; bis mind. 20 Grad. Unsere Kreativität war also gefragt.

(Allerdings muss man erwähnen, dass wir das große Glück hatten, Ende November eine Besucherin der NM aus Deutschland in Empfang nehmen zu dürfen. Sie hatte freundlicher Weise zwei Pakete von Rosas und meiner Familie mitgebracht. Darin waren so einige Überraschungen, die uns halfen unser deutsches Weihnachtsfest nach Togo zu bringen. Somit ist es also nicht nur unser Verdienst gewesen, und wir bedanken uns nochmal ganz herzlich bei den Weihnachtswichteln aus Deutschland und für die Übermittlerin!)

Was wir also taten war folgendes:

  • Dekoration: Deko an den Wänden kann wirklich viel bewirken! In unserer Wohnung hatte das von Anfang an ein bisschen gefehlt. Zu Weihnachten wollten wir nicht auf weiße Wände schauen. So bastelten wir uns aus Papier Sterne in verschiedenen Arten/Größen und hingen sie auf. Rosa schuf aus Eierkartonresten kleine Weihnachtsbäume, die wir auf einem Schrank platzierten. Ich währenddessen zeichnete die Weihnachtsgeschichte auf Papier, auf Nachfrage der Kindergärtnerin um sie im Kindergarten aufzuhängen.
  • Weihnachtsbaum: Tannen, wie ich sie aus dem deutschen Forst kenne, gibt es in Togo nicht. Da hätten wir eher eine Weihnachtspalme schmücken können. Doch einen Baum fällen wollten wir dann doch nicht. So kauften wir ein Pagne (Ein Stoffstück, aus dem man sich hier eigentlich Kleidung schneidern lässt) mit einem- farblich passenden- dunkelgrünen und roten Muster, und schnitten uns daraus einen „Tannenbaum“ den wir dann an die Wand hangen.
  • Adventskranz: Wir hatten ein bisschen Kerzen Mangel. Also klapperten Rosa und ich die Marktstände ab, in der Hoffnung neue Kerzen zu kaufen. Dabei war uns Art, Form, Farbe relativ egal, doch trotzdem fanden wir keine. So blieb uns die eine Haushaltskerze, die ich von zu Hause mitgebracht hatte und wir wurden wieder kreativ. Mit Kuli schrieb ich Zahlen 1-4 auf die Kerze und wir machten aus „Adventskranz“ eine „Advemtskerze“ (die ist sowie so gerade voll in Vogue).
  • Glühwein: Nun, wir hatten ja unsere tollen Pakete aus Deutschland, und die Weihnachtswichtel dort hatten an so einiges gedacht. Sämtliche Tütchen Bratapfeltee und Glühwein Gewürz schafften nicht nur, dass wir den winterlichen Geschmack bekamen nach dem wir uns so sehnten, sondern auch, dass unsere Wohnung nach alle dem roch!
  • Plätzchen: Das war irgendwie schwieriger als ich es gedacht hatte, denn Butter ist hier ein teures Luxus Gut. Und Margarine ist auch nicht das billigste. Wir hatten ein Butterplätzchenteig Rezept gefunden mit dem wir gut arbeiten konnten. Mehl- Zucker- Vanillezucker (von zu Hause schon vorausschauend mitgebracht)-und vieel Margarine.

Ich hatte auch schon ein paar Plätzchenausstecher aus Deutschland mitgebracht. Zum Glück hatten wir einen Ofen! Zwar kann der nur an oder aus… aber es klappte eigentlich immer ganz gut wenn man alle 10 min mal reinschaute. Wir wurden zu einer richtigen Weihnachtsbäckerei und nutzten es aus selbst gebackene „biscuits allemand“ Lehrern und Freunden mitzubringen. Die kamen meistens sehr gut an.

  • Weihnachtslieder: Das war ein riesen Spaß! Wir fingen schon früh damit an Weihnachtslieder mit unseren jüngeren SchülerInnen einzustudieren. Die freuten sich immer sehr darüber. Von „Alle Jahre wieder“, über „Kling Glöckchen“ bis hinzu „Stille Nacht“ hatten wir dann irgendwann vieles mit unseren Sechst- und SiebtklässlerInnen einstudiert. Schön war auch zu merken, dass es manche Lieder wie bspw. „Stille Nacht“ auch auf Ewe gibt- So lernten wir gleichzeitig den Text auf Ewe und es wurde zu einem fairen Austausch.

Ihr seht; wir hatten unser Weihnachten aus Deutschland einfach nach Togo mitgebracht.

Heiligabend selber war auch hier Gottesdienst, nur war dieser nicht auffällig voller als andere Gottesdienste. Und man merkte schon ein wenig, dass es vor allem die Kinder waren, für die dieses Fest gestaltet wurde. (Wie in Deutschland ja im Grunde genommen auch.) So war die Kirche mit bunten Lichterketten geschmückt und ein wunderschöner Tannenbaum aus Plastik stand neben dem Altar und wurde zu einer beliebten Fotokulisse nach dem Gottesdienst. Auch das Krippenspiel wurde von ein paar Kindern auf Ewe vorgespielt. Danach wurde vor der Kirche noch musiziert und um ein großes Lagerfeuer getanzt.

So erlebte ich also meine erste Weihnacht weg von zu Hause und Familie: Anders und doch so ähnlich. Wir hatten ein tolles Fest und waren nur zu stolz auf uns selber, wie wir es uns gestaltet hatten, so dass wir uns beide wohl fühlten.

Ein Tag von vielen

Um 5:30 Uhr klingelt der Wecker.

Noch verschlafen und mit zerzausten Haaren spähen Johanne und Rosa aus ihren Zimmertüren heraus und ein -der Uhrzeit entsprechend- trockenes „Guten Morgen“ ist zu hören, bevor beide ihre Yogamatten auf dem Boden ausrollen.

„Kreuzen sie ihre Arme und Beine, und setzen sie sich“. – Die erste Stimme die man morgens immer in der Wohnung zu hören bekommt, ist die der Frau aus dem 30 Minuten langem Pilates Workout. Und das wirklich fast jeden Morgen!

Danach geht’s dann in Turbo-Geschwindigkeit zur Frühstücksvorbereitung. Da sind die beiden schon klasse durch routiniert. Haferflocken mit Wasser aufgekocht und Bananen sollen lange satt halten. Von draußen hört man die Schulklingel.

Es ist 6:40 Uhr, und in der letzten Sekunde schaffen es die beiden noch ihre Wohnung abzuschließen und die paar Stufen runterzulaufen. Schon sind sie an ihrem Arbeitsort angekommen und reden mit ihrem Freund Saviour, der Musik Lehrer am Collège ist. Die deutsche Pünktlichkeit soll schließlich nicht verlernt werden!

(Nun man muss sagen, dass natürlich nicht jeden Tag das selbe passiert. Jeder Tag ist dann zum Glück doch mit unterschiedlichen Tätigkeiten gefüllt. Dazu kommt, dass vieles spontan dazwischen kommt und den Tagesplan der beiden aus dem Konzept schmeißt. Hier ist eine Beschreibung von einem fiktiven Tag, der jedoch genauso gut auch ablaufen könnte.):

Im Lehrerzimmer sitzend, wollen die beiden die Ewe Vokabeln lernen, für die sie schon so viel Zeit hatten, und sie doch immer zur Seite gelegt haben. Immer wieder schauen Lehrer rein. Ganz begeistert von den Vokabelheften versuchen sie sofort ein Gespräch auf Ewe anzufangen. Haben sie nicht gesehen, dass die paar ausgeschmückten Seiten des Heftes noch nur die Zahlen und Früchte auf Ewe enthalten? Aber die Freude ist umso größer, wenn eine der beiden dann irgendwann etwas richtig ausgesprochen bekommt.

Im Ewe Unterricht mit M. Alotsi die Stunde darauf wird „Ta Abo Legbedze Afo, Legbedze Afo“ (Ewe-Version von dem Lied „Head and Shoulders“) gesungen und wieder auf ein Neues Vokabular angeschafft. Die Woche darauf wollen sich die beiden bessern was das Lernen der Vokabeln angeht; sagen sie sich.

Danach sind dann Johanne und Rosa dran mit unterrichten. In einer Freistunde der 4ième (9. Klasse) bewegen sie sich Richtung Klassenzimmer und es prasselt ein Wasserfall an Deutschen Begrüßungen auf sie ein: „Guten Morgen“ gemischt mit „Hallo“, wenn’s blöd läuft auch „Hello“, und wenn gut dann sogar ein „Moin“!

In einer Freistunde dann doch noch Unterricht zu bekommen fänden die meisten SchülerInnen in Deutschland vermutlich einfach nur bescheuert. Doch auf die Frage „Vous êtes prêts pour l‘allemande maintenant?“ hören die beiden hier nur begeisterte Jubelrufe. Dieses Mal steht Singen an, weil man hier gerne durch Lieder eine Sprache verfestigt. „Danke für diesen Guten Morgen“ wird nach langem Einstudieren und Wiederholen dann bald sogar durch Stift-Getrommel auf den Tischen aufgepeppt.

Nach einer kurzen Pause geht es auf den Markt für einen kleinen Einkauf. Der Essens Plan für die Woche wurde schon erstellt um die tägliche Selbstverpflegung ein wenig einfacher zu gestalten. Und so kommt die Einkaufsliste zu stande, und man ist stolz wenn man die Woche nur zwei mal einkaufen gehen musste. Das Schulgelände verlassend wird ihnen von Misch (einem der Gardiens der Schule) hinterher gerufen: „Vous sortez un peu? Ok, Revenez vite!“

Auch auf dem Markt haben die beiden schon ihre Routine. Zuerst die Tomatenfrau! Als sie die beiden lächelnd anlaufen kommen sieht, lacht sie schon und freut sich. „Et le piment?“ (Peperoni) Neee… so weit sind sie dann doch noch nicht. Mit der vollen Tasche steigen sie auf das nächste Moto zurück zum Collège.

Es ist Mittwoch Nachmittag, und nicht so wie sonst auf dem Schulgelände auf dem es mucksmäuschenstill werden kann wenn die SchülerInnen fort sind, ist halligalli. Die SchülerInnen sind nach einem kurzen Aufenthalt zu Hause wieder gekommen um entweder nochmal mehr in Gruppen zu lernen, Fußball oder Basketball zu spielen.

Bald kommt noch etwas dazu: Andere sind nämlich dabei ein Volleyball Netz aus Seilen zu knüpfen. Darunter auch Johanne und Rosa. Doch sie haben nicht lange Zeit.

Viel Zeit muss eingeplant werden für Abendessen kochen, abspülen und aufräumen. Wenn das geschafft ist, dann sieht der späte Abend meistens so aus: Runter kommen mit einer Folge der Netflixserie „Orange is the new black“ (was sie von ihr halten sollen ist noch nicht so ganz klar)

Um 9 Uhr fallen beide Hunde müde ins Bett. Das Licht ist aus für den Tag. Und das letzte was man aus der Wohnung hört ist ein erschöpftes aber zufriedenes „Gute Nacht“.

Der Anfang in Togo

Hallo ihr Lieben,

Hiermit melde ich mich das erste Mal bei euch allen aus Kpalimé, Togo!

Rosa und ich sind jetzt schon seit über einem Monat in Togo. Und in dieser, im Verhältnis zu den insgesamt 12 Monaten, eigentlich kurzen Zeit, sind schon so viele Sachen passiert, dass ich bestimmt einen Roman daraus schreiben könnte. Aber das will ich euch (und mir) garnicht zumuten.;)

Gleichzeitig ist es garnicht so einfach herauszufiltern, welche von allen Eindrücken und Erlebnissen blogwürdig sind, und welche nicht. Aber ich gebe mein Bestes in dieser Kurzfassung, in der ich erstmal nur die Umrisse meines Aufenthaltes bis jetzt schildere.


Am 5. September sind wir nach angenehmen 11 Stunden Flug in Lomé gelandet. Dort angekommen, wurden wir sofort mit offenen Armen von unseren beiden Mentoren Emmanuel und Freeman empfangen. Erschöpft und ein wenig verschüchtert von der plötzlich mir komplett fremden Umgebung und den schwülen Temperaturen, ging es dann mit einem großen Taxi das erste Mal durch die dunklen Straßen von Lomé.

Die erste Woche blieben wir noch in Lomé bei unseren Gastfamilien. Ich bei der Familie von Freeman, und Rosa bei Emmanuel. Zuerst verschreckte mich die Nachricht, dass ich mit meinem gebrochenen Französisch sofort alleine bei einer Familie wohnen sollte. Aber sowohl Freeman und seine Frau, als auch seine drei Töchter waren stets sehr geduldig mit mir, und ich fühlte mich sofort sehr gut aufgehoben. Schon bald war ich Mitglied der Familie Lawson, wurde behandelt wie eine Schwester und auch so bezeichnet. Vor allem die 9 jährige Berakiah konnte sich mit mir und meinen Haaren stundenlang vergnügen.

Diese Woche bestand zu 90% noch daraus Leuten vorgestellt zu werden. Von den Oberhäuptern der evangelischen Kirche in Togo (EEPT), bis hin zu den Lehrern der Schule hinter dem Haus der Lawsons, gab es noch viele mehr. Darunter war dann auch der erste Gottesdienst in Lomé sehr wichtig, bei dem wir uns vor der Gemeinde Vorstellen und mit unseren mitgebrachten Instrumenten Vorspielen sollten. Für diesen Anlass wurde uns sogar der Pianist der Gemeinde zugeschrieben, um mit uns zwei Stücke einzustudieren. Rosa mit ihrem Horn und ich mit meiner Flöte. So verbrachten wir mehrere Nachmittage damit „Möge die Straße“ und noch ein weiteres Stück vorzubereiten, um diese dann den ersten Sonntag in drei verschiedenen Gottesdiensten vorzustellen.

Den Dienstag darauf ging es dann endlich nach Kpalimé. Die Stadt, über die wir erst eine Woche vor unserer Ausreise Bescheid wussten, dass sie für uns die 12 Monate lang unser zu Hause sein würde. Angekommen auf dem Gelände des Collège Protestants, wurde uns direkt unsere Wohnung gezeigt. Sie wurde kurz vor unserer Ankunft frisch gestrichen und renoviert, und wir merkten sofort, dass wir die ersten Freiwilligen seit einer langen Zeit waren, die hier wieder leben durften. So wurde während wir uns umschauten noch ein frisch getischlerter Tisch von seinem Tischler und ein paar Helfern zu uns nach oben getragen.

Plötzlich sah dann die Wohnung komplett anders aus als ich es mir so viele Male zuvor ausgemalt hatte. Gasherd, Ofen, Dusche mit Heißwasserspeicher und sogar eine alte deutsche Waschmaschine?! Emmanuel hatte sich wirklich um alles gekümmert, und wir waren verblüfft, als wir Fotos der Wohnung von zwei Wochen vor unserer Ankunft zu sehen bekamen. Da hatte sich vieles getan!

Die ersten zwei Wochen in Kpalimé waren für uns noch eine kleine Herausforderung. Wir hatten alles was das Herz begehrte. Darunter auch extrem nette Ansprechpartner wie Claud der Schuldirektor (der gleichzeitig unser Nachbar ist), sowie Essignam die Sekretärin, die uns die ersten paar Male auf den Markt begleitet hatte. Jedoch hatten wir nicht wirklich etwas zu tun, da der eh schon späte Schulbeginn in Togo um noch eine Wochen nach hinten verschoben wurde, und wir somit auf einem leeren Schulgelände unsere Anfangszeit erlebten. Ich konnte mir nur schwer ausmalen wie es hier wohl aussehen würde, wenn Leben in die Bude kommen würde, denn alles schien noch sehr verlassen und merkwürdig leblos.

Doch das änderte sich langsam ab der Rentrée Pédagogique, bei der sich alle Lehrer wieder trafen um den Schulbeginn vorzubereiten. Auf einmal waren wir so ein bisschen integriert in die Lehrergruppe und wurden auch direkt von einer Englischlehrerin bei sich zum Essen eingeladen.

Generell sind hier alle extrem hilfsbereit und offen uns gegenüber. Und das schönste finde ich, ist die Antwort die man hier häufiger auf ein „Danke“ bekommt: „On est ensemble“; im Sinne von: „Nichts zu Danken! Es ist selbstverständlich dass wir uns gegenseitig Helfen.“ Daraus finde ich kann man eine Menge über die Mentalität der Menschen ziehen.

Nun sind wir schon in der dritten Schulwoche. Bis jetzt saßen wir viel hinten drin im Unterricht und haben über uns ergehen lassen wie hier der Unterricht so geschmissen wird. Was unsere Arbeit angeht, wissen wir noch nicht so viel. Uns steht alles offen zu machen und zu lassen wie wir es wollen. Doch schon jetzt haben wir gemerkt, dass von den Schülern selber eine Nachfrage an Deutschunterricht besteht, und selbst ein paar Lehrer sich interessiert zeigen bei uns deutsch Unterricht zu bekommen. Generell läuft hier vieles auch eher spontan ab und wir haben uns einfach daran gewöhnt nicht genau planen zu können was der morgige Tag so bringt.

Fun Fact: Smalltalk ist hier das A und O! Auf ein einfaches „Hallo“ kommt hier sofort eine Liste an Nachfragen aus den Leuten rausgesprudelt: „Wie geht es dir? Gut geschlafen? Wie war euer Abend?“. Das kann auch eine wildfremde Person interessieren, die du noch nie zuvor gesehen hast. Zum Glück können wir noch nicht so gut Ewe, sonst würden da noch „Wie gehts deiner Mutter? Deinem Vater? Deiner Oma? etc.“ dazukommen. Das ist der Höflichkeit-Standard wie ich ihn bis jetzt hier mitbekommen habe. Manchmal nervt es ein bisschen, weil mehr als „Ja“ und „gut“ kann man da nun mal nicht drauf antworten. Aber insgeheim fühlt man sich dadurch auch immer gleich willkommen und wohl.

Nun, das ist wirklich eine kurze Kurzfassung gewesen von den letzten 5 Wochen meines Lebens. Ich werde mich aber natürlich wieder melden mit mehr Details darüber, wie sich unser Alltag gerade so langsam einpendelt, und wir uns mit der Zeit immer mehr einfinden!

Ich freue mich über jegliche Grüße oder auch Fragen von euch allen!

Viele Grüße aus Togo und bis zum nächsten Mal,

Johanne