Ein Tag von vielen

Um 5:30 Uhr klingelt der Wecker.

Noch verschlafen und mit zerzausten Haaren spähen Johanne und Rosa aus ihren Zimmertüren heraus und ein -der Uhrzeit entsprechend- trockenes „Guten Morgen“ ist zu hören, bevor beide ihre Yogamatten auf dem Boden ausrollen.

„Kreuzen sie ihre Arme und Beine, und setzen sie sich“. – Die erste Stimme die man morgens immer in der Wohnung zu hören bekommt, ist die der Frau aus dem 30 Minuten langem Pilates Workout. Und das wirklich fast jeden Morgen!

Danach geht’s dann in Turbo-Geschwindigkeit zur Frühstücksvorbereitung. Da sind die beiden schon klasse durch routiniert. Haferflocken mit Wasser aufgekocht und Bananen sollen lange satt halten. Von draußen hört man die Schulklingel.

Es ist 6:40 Uhr, und in der letzten Sekunde schaffen es die beiden noch ihre Wohnung abzuschließen und die paar Stufen runterzulaufen. Schon sind sie an ihrem Arbeitsort angekommen und reden mit ihrem Freund Saviour, der Musik Lehrer am Collège ist. Die deutsche Pünktlichkeit soll schließlich nicht verlernt werden!

(Nun man muss sagen, dass natürlich nicht jeden Tag das selbe passiert. Jeder Tag ist dann zum Glück doch mit unterschiedlichen Tätigkeiten gefüllt. Dazu kommt, dass vieles spontan dazwischen kommt und den Tagesplan der beiden aus dem Konzept schmeißt. Hier ist eine Beschreibung von einem fiktiven Tag, der jedoch genauso gut auch ablaufen könnte.):

Im Lehrerzimmer sitzend, wollen die beiden die Ewe Vokabeln lernen, für die sie schon so viel Zeit hatten, und sie doch immer zur Seite gelegt haben. Immer wieder schauen Lehrer rein. Ganz begeistert von den Vokabelheften versuchen sie sofort ein Gespräch auf Ewe anzufangen. Haben sie nicht gesehen, dass die paar ausgeschmückten Seiten des Heftes noch nur die Zahlen und Früchte auf Ewe enthalten? Aber die Freude ist umso größer, wenn eine der beiden dann irgendwann etwas richtig ausgesprochen bekommt.

Im Ewe Unterricht mit M. Alotsi die Stunde darauf wird „Ta Abo Legbedze Afo, Legbedze Afo“ (Ewe-Version von dem Lied „Head and Shoulders“) gesungen und wieder auf ein Neues Vokabular angeschafft. Die Woche darauf wollen sich die beiden bessern was das Lernen der Vokabeln angeht; sagen sie sich.

Danach sind dann Johanne und Rosa dran mit unterrichten. In einer Freistunde der 4ième (9. Klasse) bewegen sie sich Richtung Klassenzimmer und es prasselt ein Wasserfall an Deutschen Begrüßungen auf sie ein: „Guten Morgen“ gemischt mit „Hallo“, wenn’s blöd läuft auch „Hello“, und wenn gut dann sogar ein „Moin“!

In einer Freistunde dann doch noch Unterricht zu bekommen fänden die meisten SchülerInnen in Deutschland vermutlich einfach nur bescheuert. Doch auf die Frage „Vous êtes prêts pour l‘allemande maintenant?“ hören die beiden hier nur begeisterte Jubelrufe. Dieses Mal steht Singen an, weil man hier gerne durch Lieder eine Sprache verfestigt. „Danke für diesen Guten Morgen“ wird nach langem Einstudieren und Wiederholen dann bald sogar durch Stift-Getrommel auf den Tischen aufgepeppt.

Nach einer kurzen Pause geht es auf den Markt für einen kleinen Einkauf. Der Essens Plan für die Woche wurde schon erstellt um die tägliche Selbstverpflegung ein wenig einfacher zu gestalten. Und so kommt die Einkaufsliste zu stande, und man ist stolz wenn man die Woche nur zwei mal einkaufen gehen musste. Das Schulgelände verlassend wird ihnen von Misch (einem der Gardiens der Schule) hinterher gerufen: „Vous sortez un peu? Ok, Revenez vite!“

Auch auf dem Markt haben die beiden schon ihre Routine. Zuerst die Tomatenfrau! Als sie die beiden lächelnd anlaufen kommen sieht, lacht sie schon und freut sich. „Et le piment?“ (Peperoni) Neee… so weit sind sie dann doch noch nicht. Mit der vollen Tasche steigen sie auf das nächste Moto zurück zum Collège.

Es ist Mittwoch Nachmittag, und nicht so wie sonst auf dem Schulgelände auf dem es mucksmäuschenstill werden kann wenn die SchülerInnen fort sind, ist halligalli. Die SchülerInnen sind nach einem kurzen Aufenthalt zu Hause wieder gekommen um entweder nochmal mehr in Gruppen zu lernen, Fußball oder Basketball zu spielen.

Bald kommt noch etwas dazu: Andere sind nämlich dabei ein Volleyball Netz aus Seilen zu knüpfen. Darunter auch Johanne und Rosa. Doch sie haben nicht lange Zeit.

Viel Zeit muss eingeplant werden für Abendessen kochen, abspülen und aufräumen. Wenn das geschafft ist, dann sieht der späte Abend meistens so aus: Runter kommen mit einer Folge der Netflixserie „Orange is the new black“ (was sie von ihr halten sollen ist noch nicht so ganz klar)

Um 9 Uhr fallen beide Hunde müde ins Bett. Das Licht ist aus für den Tag. Und das letzte was man aus der Wohnung hört ist ein erschöpftes aber zufriedenes „Gute Nacht“.

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