Eingewöhnung (DEUTSCH)

Mittlerweile ist der zweite Monat um. Die Zeit vergeht rasend!

Ich habe mich jetzt so langsam, was meine Einsatzstelle angeht, eingefunden.

Ich bin jetzt montags, donnerstags und freitags an der E. P. Kekeli International School (die Grundschule). Dort gebe ich vier Klassen Deutschunterricht, die anderen vier bekommen von Maite dienstags und mittwochs Unterricht. Das macht mir sehr viel Spaß. Ich kann den Unterricht frei gestalten und es erinnert mich ein wenig an meine Nachhilfestunden, die ich in Deutschland auch schon gerne geplant und durchgeführt habe. Ich werde von einigen Schülern und Lehrern jetzt morgens auf dem Schulhof mit „Guten Morgen“ begrüßt und nachmittags mit „Tschüss“ verabschiedet, das finde ich richtig cool. Auch verspüre ich keinen Druck, dass ich den Kindern ernsthaft was beibringen muss, denn mein Deutschunterricht ist nur zusätzlich zum eigentlichen Curriculum. Die Kinder hätten also eine Freistunde statt des Deutschunterrichts, wenn ich nicht da wäre. Ich kann also manchmal einen Teil der Stunde einfach mal nur Bingo (auf Deutsch) spielen oder ein bisschen über Deutschland berichten (Obwohl ich bei dem Berichten über Deutschland dann wieder mehr Druck verspüre, weil ich Angst habe, ein falsches Bild zu vermitteln).
Was die Arbeit erschwert ist das Fehlen von Schulbüchern. So muss ich alles an die Tafel schreiben und die Schüler müssen alles abschreiben. Außerdem muss ich mir so selbst überlegen, wie es sinnvoll ist, eine neue Sprache beizubringen, das ist was ganz anderes als unterstützenden Nachhilfeunterricht. Mir fällt es zudem auch manchmal schwer, mir altersgerechten Unterricht zu überlegen, zumal ich zum einen 8-jährige, aber auch 14-jährige Kinder unterrichte. Da merke ich dann doch, dass ich ohne eine „Ausbildung“ und Erfahrungen als Lehrer doch an meine Grenzen stoße. Mir fällt das Unterrichten mit älteren Schülern definitiv leichter, ich denke, weil ich das vom Nachhilfeunterricht gewöhnt bin. Also, wenn ihr Tipps habt, wie man Grundschulkindern Sprachen beibringt (oder Songs zum Deutschlernen), immer her damit!

Dienstags und mittwochs bin ich jetzt im Archiv der Kirche. Das Projekt wurde von meiner Vorfreiwilligen, Marit, angefangen, denn das Archiv ist in den letzten 20 Jahren ein wenig in Vergessenheit geraten. Dort ist meine Aufgabe erstmal, die Dokumente zu sichten und die einzelnen Boxen durchzugehen und aufzuschreiben, was der Inhalt ist.
Das ist auch ohne große Vorkenntnisse möglich und wird mich für die nächsten Monate wohl erstmal beschäftigen. Da ich ansonsten aber keine Ahnung habe, wie genau man in/mit einem Archiv arbeitet, freue ich mich auf Hilfe von Herrn Dr. Rusch, der nächste Woche kommt und sich mit Archivarbeit auskennt. Er möchte mir ein paar Tipps geben. Außerdem werde ich in den kommenden Monaten wahrscheinlich auch andere Archive besuchen, um mir anzugucken, wie dort gearbeitet wird. Die Arbeit ist zwar etwas dröge, aber für mich ist das ein gutes Gleichgewicht zu dem bunten Schulalltag. Außerdem gehe ich morgens noch zur Andacht von den Headquarters der Kirche. Das ist auch cool, dort treffe ich einige der Pastoren oder andere Mitarbeiter, die sich immer nett erkundigen, wie es mir geht und wie mir Ghana gefällt. Ich sitze im Büro von Edem und das funktioniert auch wunderbar. Eyram, die Chefin von Marit und auch eine wichtige Ansprechpartnerin für Maite und mich, guckt auch mindestens einmal am Tag nach mir.

Außerhalb der eigentlichen Arbeit haben Maite und ich uns auch langsam in den Kirchenchor eingefunden. Das macht mir echt Spaß, das hätte ich gar nicht gedacht. Wir singen viel auf Ewe. Eigentlich stehen alle Lieder im Ewe-Gesangbuch, und falls nicht, schreibt Fafali, ein Chormitglied, für mich und Maite den Text in ein Heft. Der Chor ist vierstimmig (ich bin im Tenor) und wir singen meist sehr klassische Kirchenlieder, beispielsweise „Allein Gott in der Höh sei Ehr“ auf Ewe. Dazu kommen dann Trommeln und andere Schlaginstrumente. Ich habe von einem Musikdozenten gelernt, dass früher (genauerer Zeitpunkt müsste nochmal herausgefunden werden) Schlaginstrumente in Gottesdiensten verboten waren. Die Lieder durften nur ganz europäisch mit einer Orgel oder anderen europäischen Instrumenten begleitet werden. Mittlerweile wird in der Kirche viel mit Trommeln begleitet und das Christentum hat sich mit der ghanaischen Kultur verwoben.

Durch die deutschen Nachrichten habe ich die endlose Berichterstattung über die Schrecken vom Nah-Ost-Konflikt mitbekommen. Hier in Ghana wird zwar auch darüber berichtet, jedoch von einer Katastrophe hier in der Volta-Region überschattet: Der Akosombo Damm musste geöffnet werden, da er durch viel Regen zu vollgelaufen war. Dadurch haben einige Menschen ihr Zuhause verloren und der Ort ist zur Health Emergency Zone ausgerufen worden, unter anderem da das Trinkwasser nicht mehr trinkbar ist. Die EP Church hat einer betroffenen Stadt, Mepe, Trinkwasser, Mais und Klamotten gebracht und ich durfte mitkommen, als der Moderator (das Kirchenoberhaupt) den Ort besucht hat, um sich die Lage genauer anzugucken. Es war echt heftig zu sehen, wie von manchen Wohnhäusern nur noch das Dach zu sehen war und so richtig begreifen kann ich es noch nicht.

Außerdem hat sich auch noch etwas an unserer Wohnsituation geändert: Amma ist letzten Samstag ausgezogen, weil sie ihren National Service in Accra ablegt (In Ghana muss jeder irgendwann ein Jahr lang einen National Service machen, ich glaube, das ist vergleichbar mit einem verpflichtenden fsj/föj/fkj. Dabei kann man sich aber nicht aussuchen, wo man den ablegt, man wird zugeteilt). Das ist sehr schade, ich habe Amma echt in mein Herz geschlossen und vor allem für die erste Zeit war es perfekt, mit einer Ghanaerin zusammenzuwohnen, da Dinge hier doch teilweise ein wenig anders laufen und man Amma immer mit Fragen durchlöchern konnte, wenn irgendwas nicht klar ist. Sie hat uns viele ghanaische Gerichte gezeigt und wie man sie zubereitet. Außerdem ist sie zu einer meiner besten Freunde geworden. Ich werde sie also sehr vermissen. Sie hat Maite und mir aber versprochen, uns ganz oft zu besuchen. Das ist wenigstens ein kleiner Trost.

Insgesamt würde ich sagen, dass die Eingewöhnung noch nicht abgeschlossen ist, ich mich aber schon sehr wohl fühle und über das Umfeld sehr dankbar bin. Ich hatte noch keinen Tag lang schlimmes Heimweh und einen großen Kulturschock hatte ich bis jetzt auch noch nicht. Ich kann mich also bis jetzt echt glücklich schätzen und freue mich auf die noch kommenden zehn Monate.

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