Monat 1 – September

Recap: Zwei Chaoten on Tour

„Und, aufgeregt?“ – Letzten Endes war das wohl die mir am häufigsten gestellte Frage. Dabei war meine Antwort immer gleich: „Nee, bis jetzt eher nicht“. Zu meiner eigenen Verwunderung hat sich daran auch nichts mehr geändert – bis kurz vor der Ausreise bis zu beiden Ohren in der Klausurenphase zu stecken, kann also manchmal auch ganz vorteilhaft sein.

Das Einzige, das mein Herz vor dem Abflug ein bisschen schneller hat schlagen lassen, war der Gedanke, irgendetwas Wichtiges vergessen haben zu können oder versehentlich in den falschen Flieger zu steigen (ich weiß, an sich eher unwahrscheinlich – aaaber wer meine Wenigkeit kennt, würde die Möglichkeit wohl trotzdem nicht ausschließen).

Am Flughafen angekommen, habe ich mich dann erstmal ans falsche Gate gesetzt. Dass die Schlange vor mir gar nicht zu meinem Flieger gehört, ist mir allerdings erst aufgefallen, als mein Name (für mich natürlich wie aus dem Nichts) aus den Lautsprechern kam. Eine kleine Panikattacke und einen Sprint später (ich glaube, so schnell bin ich noch nie gerannt), saß ich auch schon im ersten Flieger. Verschwitzt aber glücklich – keine Angst, es war der Richtige.

Nach einem kurzen Zwischenstopp in Amsterdam ging es dann gemeinsam mit Bele, meiner Mitfreiwilligen, ins nächste Flugzeug nach Accra. Als sie dann versehentlich an den Notfallknopf des Klos gekommen ist und eine der Stewardessen panisch an mir vorbei ist, um genauso panisch an die Tür zu klopfen und zu checken ob alles in Ordnung ist, wusste ich: das wird unser Jahr!

Ankunft

Am Flughafen wurden wir von unserem Mentor, Saint Dela Amegbe, Amma, unserer Mitbewohnerin, und acht weiteren Freunden unserer Vorfreiwilligen super herzlich empfangen. Anschließend ging es dann mit dem Minibus in die Hauptstadt der Volta Region, nach Ho – und während mir der Wind ins Gesicht pfeift (Notiz an mich: ein Haargummi wäre schon ganz praktisch gewesen), wir ein paar Worship Songs aus Delas Box hören und am Straßenrand die Umrisse einiger Verkäufer ersichtlich werden, fange ich so langsam an zu realisieren, dass es mit dem Auslandsjahr diesmal wirklich geklappt hat. An unserem Haus angekommen, haben wir zunächst eine kleine Roomtour bekommen, uns jeder ein Zimmer ausgesucht und sind vollkommen erschöpft in die Betten gefallen. 

Die ersten Tage

Das Ganze ist mittlerweile gut einen Monat her. Ein Monat voller neuer Eindrücke, neuer Ideen und Erfahrungen. Gerne würde ich euch alles bis ins kleinste Detail berichten – das wäre aber schlichtweg zu viel. Da Kurzfassungen aber auch nicht ganz so mein Ding sind, versuchen wir es einfach mal mit einem Zwischending…

Die erste Woche war zur Eingewöhnung ein bisschen ruhiger. Ich habe erst einmal mein Zimmer eingerichtet, bin dabei an den hohen Decken verzweifelt (die machen es regelrecht unmöglich, ein Mückennetz zu befestigen) und hätte schon fast aufgegeben, bis Bele dann irgendwann mit der Schnürsenkelkonstruktion des Jahrhunderts um die Ecke kam: Man nehme zwei paar Schnürsenkel, knote sie aneinander und spanne sie einmal quer von einer Gardinenstange zur nächsten – Voilà: Problem gelöst!

Let‘s call it „kreative Lösung“ – Unsere Schuhe sind jetzt offiziell schnürsenkelfrei!

Von Dela haben wir die ersten Tage eine kleine Rundführung durch die Zentrale der E.P. Church (Headquarters) bekommen. Mit den vielen Namen hadere ich zwar immer noch, die Tatsache, dass ein großer Teil der Mitglieder aus Pastoren besteht und sich demnach mit der Bezeichnung “Osofo“ zufrieden gibt, macht es dann aber doch ein bisschen leichter und hat mich schon das ein oder andere Mal vor dem Tritt ins Fettnäpfchen bewahrt.

Aaaber ihr wärt ja nicht auf meinem Blog, wenn dann nicht doch noch irgendetwas in die Hose gegangen wäre…

Kaum sitze ich vor den Vorsitzenden der Kirche (WIRKLICH angesehene Personen), fragt mich einer der Anwesenden: “Are you married?“ – was sich mit ghanaischem Akzent in etwa so anhört: [mæɹet].

In der festen Überzeugung, mit unserer Vorfreiwilligen Marit verwechselt worden zu sein, antworte ich also: “No, I‘m Maite“ – und wäre, nach einem kurzen Blick in lauter verdutzter Gesichter, am liebsten im Erdboden versunken.

Was haben wir sonst noch so erlebt?

Auch die ein oder andere Sightseeing Tour haben wir schon hinter uns, denn Nelson, der Accountant der E.P. Kekeli International School, hat sich als leidenschaftlicher Tourguide entpuppt. Mit ihm haben wir den Mona Monkeys einen Besuch abgestattet (in der Umgebung leben 13 Familien mit jeweils ca. 120 Affen zusammen, die die Dauer ihrer „Freundschaft“ jedoch auf euren Bananenvorrat beschränken) und sind zu den Wli Agumatsa Waterfalls, den höchsten Wasserfällen Westafrikas, gefahren. Der Weg dorthin führt durch einen beeindruckenden Wald mit lauter Kakaobäumen – wobei ich zugegebener Weise erst einmal nachfragen musste, welche Frucht ich gerade überhaupt in den Händen halte. Dass man eigentlich nur das weiße Fruchtmus essen sollte, das die Samen umgibt (aus diesen wird später Kakao hergestellt), wurde uns allerdings erst gesagt, NACHDEM wir schon beinahe die gesamte Frucht gegessen hatten – natürlich mitsamt der Samen. Lecker war es trotzdem (hat mich ein bisschen an Bucheckern erinnert).

Wenn wir schonmal beim Thema Essen sind

“Bread is no food“ – Zitat von so gut wie allen Ghanaer/-innen, die uns nach dem Frühstück fragen

Gemeinsam mit Amma durften wir schon einige ghanaische Gerichte probieren. Zu meinen Favoriten gehören bisher Jollof (ein Reisgericht, das mit Tomatensoße, Zwiebeln, Paprika, Fisch oder Fleisch und verschiedenen Gewürzen zubereitet wird) und Yam (eine Wurzel, die mich rein optisch an eine zu groß geratene Ingwerknolle erinnert, geschmacklich wiederum eher im Bereich der Kartoffel zu verorten ist). Das Ganze zum Frühstück zu essen, fällt mir dann aber doch noch ein bisschen schwer (Fun Fact: ALLE drei Mahlzeiten, die hier an einem Tag gegessen werden, sind warm). Meist schmiere ich mir also einfach eine Schnitte Brot und hoffe, dass mich anschließend niemand nach dem Essen fragt – andernfalls blicke ich in komplett schockierte Gesichter, gefolgt von der Frage, ob das denn alles zum Frühstück gewesen sei und übermäßiger Brotkonsum nicht zu Verstopfungen führen würde.

Zurück in die Schule

Mawuli Senior High School

Mein Hauptprojekt ist die Mawuli Senior High School („Mawuli“ = „Gott ist da“). Dort findet man mich an drei Tagen in der Woche. Die Schule wurde 1950 von der E.P. Church gegründet und ist die erste von der Regierung unterstützte Senior High School der Volta Region. Insgesamt zählt sie 3548 Schüler/-innen im Alter zwischen 15 und 19 – zu viele für das (in meinen Augen trotzdem riesige) Gelände, weshalb nur zwei von drei Jahrgängen den Unterricht besuchen. Die übrigen Schüler/-innen haben Ferien, sollten diese jedoch ebenfalls zum Lernen nutzen. Wie in den meisten Senior High Schools in Ghana üblich, wohnt ein Großteil der Lernenden auf dem Gelände. 

Neben den Pflichtfächern Mathe, Englisch, Sciens und Social Studies, wird eines von acht Profilen gewählt, das sich aus weiteren Fächern zusammensetzt. Auch ich durfte mir ein Profil aussuchen und bin nach dem Ausschlussprinzip (Mathe, Physik und Englisch sind eher nicht so mein Ding, auf Ewe kann ich mich gerade mal vorstellen und meine „Französischkenntnisse“ beschränken sich auf die Ausdrücke „Baguette“, „Croissant“ und „Bonne année“) bei „Visual Arts“ gelandet. So durfte ich in den vergangenen Wochen Unterrichtseindrücke aus verschiedenen Kunstkursen sammeln, darunter „General Knowledge in Art“ (allgemeines Kunstverständnis), „Jewellery“ (Schmuckkurs), „Sculpture“ (Skulpturenkurs) und „Picture Making“ (Variation aus Malen, Zeichnen, Fotografie, etc.) und mithelfen, die Wand vor dem Jewellery-Gebäude zu bemalen.

Über den Unterricht weiß ich bisher noch zu wenig, als dass ich ihn bereits zum jetzigen Zeitpunkt beurteilen könnte.

Fest steht: auch, wenn ich mich an den Gedanken, mit Schüler/-innen zu arbeiten, deren Alter über das Grundschulalter hinausgeht, zunächst gewöhnen musste, bin ich mit der Einsatzstelle sehr zufrieden. Die Schüler/-innen haben mich super gut aufgenommen, sind sehr bemüht, mir eine Vielzahl an Sprachen beizubringen (neben der Amtssprache Englisch werden in Ghana über 40 weitere Sprachen gesprochen, darunter Ewe, Twi und Ga) und stellen mir eine MENGE Fragen über das Leben und die Menschen in Deutschland – mein bisheriger Favorit: “Do you find it difficult to kiss someone when both of you have such long noses?“ (Findest du es schwierig, jemanden zu küssen, wenn beide von euch eine solch lange Nase haben?). Auch die Frage, wann ich selbst ein paar Stunden übernehmen werde, taucht immer wieder auf. Zwar steht es mir frei, auch eigene Stunden gestalten zu können, fürs Erste habe ich mich aber dagegen entschieden. Der Grund? Ich studiere zwar Lehramt und habe auch schon eigenständig unterrichtet, mit meiner Fächerkombination und dem Mangel an Fachwissen im Visual-Art-Bereich, könnte ich den Schüler/-innen hier im Unterricht jedoch nicht gerecht werden. Zunächst begleite ich die Klassen also nur als Observer.

Zwischen den Stunden zahlt sich das Studium dann doch ein bisschen aus – immer wieder werde ich von Schüler/-innen gebeten, ihnen die deutsche Sprache etwas näher zu bringen, was mir super viel Spaß macht. Sind die Freistunden etwas länger, besuche ich das Center für die visually impaired students (die Mawuli High School ist für Schüler/-innen mit und ohne Sehbeeinträchtigung ausgelegt). Hier habe ich von Theresa, einer Freiwilligen die ausschließlich im Center tätig ist, eine kleine Einführung in die Brailleschrift bekommen und übe mich ab und zu darin, erste Abschnitte (bisher hauptsächlich Übungssätze) in die Schwarzschrift zu übersetzen.

Braille -> Schwarzschrift

Die restlichen zwei Tage darf ich Bele und Nelson zur E.P. Kekeli International School begleiten. Hierbei handelt es sich um eine private Grundschule mit ca. 150 Schüler/-innen im Alter von 1-15 Jahren. Da es Beles Hauptprojekt ist, möchte ich an dieser Stelle gar nicht so viel vorwegnehmen – schaut gerne mal auf ihrem Blog vorbei, dort findet ihr weitere Infos. Aufgrund der Abschlussarbeiten und der anschließenden Vorbereitung auf die Graduation, gab es für uns bisher noch nicht so viel zu tun. Nach den Ferien wird es unsere Aufgabe sein, die ein oder andere Deutschstunde zu gestalten.

E.P. Kekeli International School

Graduationday

Für einen Moment habe ich mich gefühlt, wie in einem der amerikanischen High-School-Filme: ein feierlich geschmückter Raum, DJ und die Schüler/-innen der Abschlussklassen in Robe mit Hut. Ob gerade die jüngeren Kinder den Anlass der Festlichkeit überhaupt realisiert haben, war mir nicht ganz klar – ihren Spaß schienen sie aber gehabt zu haben. Neben der Zeugnisvergabe reichte das Programm von verschiedenen Choreographien über einzelne Songs bis hin zu einem Theaterstück. Das Highlight: Die Fashion Show der Basic 1. Wie echte Profis sind die Schüler/-innen zwischen den Sitzreihen entlanggelaufen – immer mit dabei: Fotograf Nelson, der (610 Bilder später) vielleicht ein bisschen ZU motiviert gewesen ist.

Sooo, ich glaube, es reicht erst einmal mit ersten Eindrücken.

Ich bin super gespannt, was der Oktober für mich bereit hält und freue mich, euch wieder ein bisschen mitzunehmen. 

Fortsetzung folgt…

Willkommen auf meinem Blog!               

Hey, schön, dass ihr den Weg zu meinem Blog gefunden habt. Ich freue mich, euch in den nächsten 12 Monaten von meinen Erlebnissen in Ghana zu berichten und euch auf diesem Wege auf meine Reise in die Volta Region mitzunehmen.  

Zunächst ein bisschen über mich: Ich bin Maite und komme aus Niedersachsen, nahe der niederländischen Grenze, wo ich im Frühjahr 2021 mein Abitur abgelegt habe. Plan A, direkt danach für einen Freiwilligendienst nach Ho zu reisen, ist coronabedingt leider ins Wasser gefallen. Anstatt einen anderen Kontinent zu erkunden, ging es für mich dann also erstmal ins Bundesland nebenan, um mich dort meinem Plan B zu widmen, ein Lehramtsstudium mit den Fächern Niederländisch und Deutsch.

Kleines Resümee: Das Studium ist schon ganz cool, gegen den Traum ins Ausland zu reisen, kam es dann aber doch nicht an. Um so mehr habe ich mich über die Möglichkeit gefreut, meine Einsatzstelle in Ho behalten zu dürfen. Zwei Jahre, ein paar Vorbereitungsseminare und einen Sprachkurs später, sitze ich also im Flieger nach Ghana. Was mich dort erwarten wird? Finden wir es raus…

Viel Spaß beim Lesen!

WICHTIG: 

Dieser Blog spiegelt lediglich meine subjektiven Eindrücke wieder – durch die Schilderungen kann also weder auf ganz Ho noch auf ganz Ghana – und schon gar nicht auf den gesamten afrikanischen Kontinent geschlossen werden! Für Fragen, Anregungen oder sonstige Mitteilungen, scheut bitte nicht vor der Kommentarfunktion zurück – für konstruktive Kritik bin ich immer dankbar.