Monat 3 – November

Der November führte uns nach Keta. Derrick, einer von Bismarks Freunden, den wir auf dem Oktoberfest kennenlernen durften, hatte uns gemeinsam mit seinen Freunden George und Fafali zum Hogbetsotso Festival eingeladen:

Von links:
George, ich, Derrick, Bele

Hogbetsotso – zum Hintergrund
Das Festival erinnert an die historische Flucht der Anlo-Ewe (die Anlo-Ewe gehören zur Gruppe der Ewe, die heute in Ghana, Togo und Benin leben) aus Notsé, einer Stadt im heutigen Togo. Notsé stand unter der Herrschaft von König Agokoli, der die Bewohner unterdrückte. Erzählungen nach gelang es diesen durch eine List zu fliehen: In regelmäßigen Abständen gossen sie Wasser an dieselbe Stelle der Stadtmauer, wodurch diese allmählich an Festigkeit verlor und schließlich durchbrochen werden konnte. Die Flucht der Ewe erfolgte in der Nacht. Rückwärts verließen sie die Stadt und hinterließen auf diese Weise Fußabdrücke, die den Anschein erweckten, als seien Menschen nach Notsé gekommen, anstatt die Stadt zu verlassen. Diese Täuschung verschaffte ihnen Zeit. Letztendlich erreichten die Ewe das Gebiet, in dem auch ich mich gerade befinde – die Volta Region Ghanas. Sie ließen sich nieder und gründeten
Städte entlang der Küste und des Volta-Flusses, darunter Keta.

Fahrer im Schwitzkasten – die erste Motorradfahrt meines Lebens
Untergebracht waren wir in einem Hotel etwas außerhalb der Stadt, weshalb wir auf Mototaxis als Transportmittel zurückgegriffen haben. Was ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste: in Ghana ist es nicht üblich, sich während der Fahrt festzuhalten. Während die meisten Mitfahrenden, die Hände auf ihren Knien positioniert, ganz entspannt hinterm Fahrer sitzen, habe ich mich so sehr an diesem festgeklammert, dass ich im Nachhinein wirklich Bedenken habe, ob er auf der Fahrt überhaupt richtig Luft holen konnte. Bele dagegen saß gelassen hinter mir und hat unterwegs noch ganz entspannt ihr Getränk ausgetrunken – zumindest den Teil, der angesichts der teilweise huckeligen Straßen nicht auf mir gelandet ist…

Zurück zum Festival
Das Festival war sehr beeindruckend. Neben einer Kunstausstellung am Strand durften wir Beiträge traditioneller Musik- und Tanzgruppen bewundern. Besonders interessant war die Performance einer Gruppe, die gemäß der Sage rückwärts gelaufen ist. Dann waren auch Bele und ich an der Reihe: Während Fafali und Derrick zunächst noch sehr optimistisch waren, uns das Tanzen beizubringen, schien ihre Hoffnung keine 10 Minuten später bereits sichtlich geschrumpft zu sein. George, der das ganze auf Video festgehalten hat, hatte wohl am meisten Spaß. Bele und ich gaben unser Bestes, merkten jedoch ebenfalls, dass unsere Tanzkünste eher in der Kategorie „hoffnungslose Fälle“ einzuordnen sind. Aaaaber wie heißt es so schön: Selbsterkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung…


Auch moderne Künstler sind aufgetreten – kleine Notiz an mich: sollte ich jemals wieder auf ein Konzert gehen, dessen Musiker mir so gar nichts sagen, wäre es definitiv von Vorteil, zumindest die Namen vorher einmal zu googeln! Man weiß ja nie, wem man alles über den Weg läuft – was uns zum Fettnäpfchen des Monats führt: Kaum kommen Bele und ich vom Klo zurück, merken wir, dass unser Trüppchen um eine Person gewachsen ist. In Derricks Arm: irgend n (mir unbekannter) Typ mit Ohrringen und außergewöhnlicher Frisur. George – wie bereits den gesamten Abend – am Fotos machen. Nachdem die drei ihre Konversation beendet hatten (der Typ schon im Weitergehen), frage ich die Jungs also, ob es sich bei dem Neuen im Bunde um einen Freund handelt – und kann anschließend in ein entsetztes Gesicht von Fafali schauen, gefolgt von der Frage, ob wir ihn denn nicht kennen würden. Bele und ich verneinen. „Woher sollen wir denn bitte ihren Kumpel kennen, wenn keiner der Anwesenden bisher auf die Idee gekommen war, ihn uns vorzustellen?!“, denke ich. Lange Rede, kurzer Sinn: Bei dem „komischen Vogel“ handelte es sich nicht um einen Freund der Jungs, sondern um Chief One, einen der wohl bekanntesten Sänger der Volta Region, dem ich (sollte er unsere Konversation noch mitbekommen haben) so schnell hoffentlich nicht wieder über den Weg laufen werde…

Von links: Derrick & Chief One

Neben zahlreichen Musikern durften wir auch den amtierenden Präsidenten, Akufo-Addo, sehen – oder zumindest seinen Rücken. Unser rasender Reporter George, der natürlich voll in seinem Element war, hat sich mit der Kamera ein bisschen weiter in die Menschenmenge gewagt – die Aufnahme ist durch ihn entstanden:

In orange: Akufo-Addo

Fort Prinzenstein
Wir haben viele schöne Momente erlebt, über die wir wohl noch lange lustige Geschichten erzählen können. Die Besichtigung Fort Prinzensteins gehört nicht dazu, sollte bei unserem Besuch in Keta jedoch nicht unerwähnt bleiben.
Fort Prinzenstein wurde 1784 von den Dänen erbaut. Ursprünglich als Handels- und Verteidigungsstruktur konzipiert, spielte es eine bedeutende Rolle im transatlantischen Sklavenhandel. Der Festungsbau diente als Knotenpunkt für den Handel von Sklaven, die von hier aus verschifft wurden. Heute ist das Fort ein historisches Denkmal, das seinen Besuchern einen Einblick in die koloniale Geschichte und die Auswirkungen des Sklavenhandels auf die Region bietet.
Der Besuch hat mich nachdenklich gemacht und gezeigt, dass hinter den malerischen Landschaften Ketas auch eine düstere Geschichte steckt, die nicht ignoriert werden sollte.

Was sonst noch so passiert ist
Ende des Monats kam Amma uns besuchen. Gemeinsam mit ein paar Freunden aus den Headquarters, darunter Juliet, Clement und Eyram, haben wir uns bei Dela getroffen, um ihren Geburtstag zu feiern. Auch wenn das Feiern von Geburtstagen vor Ort noch lange nicht so verbreitet ist wie in Deutschland, war es ein gelungener Abend. Wir saßen gemütlich zusammen, haben uns Pork (gut gewürzte Schweinefleischstückchen) geteilt und uns von Clement zusätzlich mit Yam und Stew bekochen lassen. Nach vielen guten Gesprächen habe ich mich dann mit Amma, Jujuu, Sister Eyram und Bele im Keke auf den Rückweg gemacht. Mit 6 Leuten auf 2-3 Quadratmetern mussten wir zwar ein bisschen quetschen, die Fahrt war aber definitiv nochmal ein Erlebnis für sich, haha.

Monat 2 – Oktober

O’zapft is!
Hätte mir jemand vor ein paar Monaten gesagt, dass ich diesen Spruch mal in Ghana hören würde, hätte ich ihm wahrscheinlich den Vogel gezeigt.

Doch da waren wir: Zwei Freiwillige in der Hauptstadt Ghanas, umringt von Dirndln, Lederhosen, Würstchen und Bier.

Bismark, einer der ehemaligen Süd-Nord-Freiwilligen (2018/19), den wir bereits bei unserer Ankunft am Flughafen kennenlernen durften, hatte uns nämlich zum Oktoberfest nach Accra eingeladen.

Die Stimmung war super – nicht vergleichbar mit Deutschland, aaaber wir hatten eine Menge Spaß. Das Programm bestand aus einer Mischung aus Spielen wie Bierkrugstemmen (an dieser Stelle: Respekt an Amma, die sich trotz entschlossenem Gesichtsausdruck und angespanntem Monsterbizeps letztendlich wacker gegen die Schwerkraft geschlagen geben musste) und Musikeinlagen der Organisatoren (darunter Gesangseinlagen und Kuhglockengeläute – ja, Kuhglockengeläute). Der Knaller des Abends: Irgendwann schafften Amma, Bele und ich es dann auch noch, YMCA-tanzend auf der Bühne zu landen (Notiz an mich: das mit dem „C“ sollte ich definitiv nochmal üben, haha) – wie es dazu gekommen ist? ICH HABE KEINE AHNUNG. Dass es sich bei unserer Performance um eine Dancecompetition gehandelt hat und wir den gesamten Song über gegeneinander angetreten sind, haben wir erst gecheckt, als Bele auf einmal ein Preis in die Hand gedrückt wurde. Was soll ich sagen? Man nimmt halt mit, was man kriegen kann – in unserem Fall: einen Massagegutschein für zwei Personen und ne unvergessliche Story!

Nachts ging es gemeinsam mit Bismark und ein paar seiner Freunde dann noch weiter in den Club, was super viel Spaß gemacht- mir aber auch vor Augen geführt hat, dass das „C“ in YMCA definitiv nicht meine einzige Baustelle beim Tanzen ist…

Alles in allem war es ein gelungenes Wochenende, das mit dem Partyerlebnis noch lange nicht zu Ende sein sollte: Einen Tag später beschlossen wir uns in Madina (Stadtteil von Accra, hier durften wir bei Bismark und seiner Familie unterkommen) ein wenig umzusehen. Viele der uns Entgegenkommenden begrüßten uns freundlich auf Twi (eine von über 40 Sprachen, die in Ghana verbreitet sind). Schnell wiesen wir sie darauf hin, wir würden die Sprache leider nicht verstehen, stattdessen aber Ewe lernen (dass unser Vokabular sich zunächst auf „Guten Morgen“, „Guten Tag“, „Guten Abend“ und „Tschüss“ beschränkte, musste ja keiner wissen – schließlich würden die Bewohner Accras zu großen Teilen eh nur Twi sprechen – dachten wir zumindest. Drei mal dürft ihr also raten, wie blöd wir aus der Wäsche geschaut haben, als die Gespräche nach unserem Hinweis schlagartig auf Ewe fortgesetzt wurden – und wir natürlich KEIN WORT verstanden haben…

Abends sind wir dann noch mit Bismark, seiner Frau Avis und seinem Sohn Reign (oder auch „Baby“) zu Erec gefahren, ebenfalls ein ehemaliger Süd-Nord-Freiwilliger, der 2017/18 in Deutschland gewesen ist. Wir haben uns super viel über unsere bisherigen Erfahrungen als Freiwillige ausgetauscht, uns über Pannen kaputt gelacht, die in den jeweiligen Einsatzländern passiert sind und sehr gut (und vor allem viel!) gegessen. Und obwohl wir die vier zu diesem Zeitpunkt noch nicht wirklich gut kannten, hatte der Abend für mich etwas Familiäres – mir wurde klar: auch in Accra hatten wir jemanden, auf den wir uns immer verlassen konnten – und unser Besuch sollte keineswegs der letzte bleiben…

Was sonst noch so passiert ist

Nenyo Haborbor
Seit Anfang Oktober besuche ich neben den Schulen auch einmal die Woche „Nenyo Haborbor“, das von der Norddeutschen Mission geförderte „Straßenkinderprojekt“, dessen Nachmittagsbetreuung sich in etwa mit dem Kidscafé unserer Kirche vergleichen lässt. Nachdem Aunty Florence, die für das Projekt zuständig ist, erfahren hat, dass ich in meiner Heimat eine Karategruppe trainiere, durfte ich dieser Tätigkeit auch vor Ort nachgehen, was mir super viel Spaß gemacht hat. Parallel haben mir die Kinder und Jugendlichen ein paar Begriffe auf Ewe beigebracht: Wird der Arm beim Ausführen der Technik zu hoch gehalten, weiß ich mittlerweile, dass ich am besten mit „medekuku anyigba“ (please down) reagieren kann. Muss der Arm weiter nach oben, wird „medekuku dzime“ (please up) gesagt. Auch im Zählen von 1 bis 10 wurde ich von Woche zu Woche besser.

Chor
Bele und ich sind seit Anfang des Monats auch Mitglieder des Jugendchors der Kirche („EPSU Choir“). Wie wir dort gelandet sind? Ganz komische Situation (dachte ich zu Beginn jedenfalls): MK, der uns am Anfang beim Einrichten der SIM-Karten behilflich war, hat uns auf einmal wie aus dem nichts dazu aufgefordert, ihm etwas vorzusingen. Leicht überfordert haben wir dann wohl die Performance unseres Lebens hingelegt – soweit es in Anbetracht unserer Stückauswahl eben möglich war. Gesungen wurde eine Mischung aus „Alle meine Entchen“, „Hänschen klein“ und „ein Männlein steht im Walde“. So schlecht kann es anscheinend nicht gewesen sein, immerhin hat er uns dann vorgeschlagen, mal bei einer der Proben vorbeizuschauen – „schaden kann es ja nicht“, dachte ich. Dass MK der CHORLEITER ist, haben wir allerdings erst realisiert, als er uns – ohne lange nachzudenken – direkt der passenden Stimmlage zugeordnet hat (was man aus Kinderliedern alles so raushören kann…). Während Bele im Tenor singt, versuche ich im Sopran so viele Töne zu treffen, wie es eben geht.
Einige Zeit später war es dann soweit: Wir haben unsere Roben bekommen und wurden somit
offiziell in den Chor aufgenommen! Hierfür hat es sogar eine kleine Zeremonie während eines der Gottesdienste gegeben. Uuund erneut habe ich mich gefühlt, wie in einem der amerikanischen High-School-Filme – diesmal kurz vor der Graduation, haha.

Rückblickend war die Musik wohl das erste, das uns alle verbunden hat. Und auch wenn das Singen nie so wirklich meins war, muss ich zugeben, dass es mittlerweile echt Spaß macht. Es ist schön, Teil einer Gruppe zu sein und mithilfe der Ewe-Hymnen auch die Aussprache verbessern zu können.

Monat 1 – September

Recap: Zwei Chaoten on Tour

„Und, aufgeregt?“ – Letzten Endes war das wohl die mir am häufigsten gestellte Frage. Dabei war meine Antwort immer gleich: „Nee, bis jetzt eher nicht“. Zu meiner eigenen Verwunderung hat sich daran auch nichts mehr geändert – bis kurz vor der Ausreise bis zu beiden Ohren in der Klausurenphase zu stecken, kann also manchmal auch ganz vorteilhaft sein.

Das Einzige, das mein Herz vor dem Abflug ein bisschen schneller hat schlagen lassen, war der Gedanke, irgendetwas Wichtiges vergessen haben zu können oder versehentlich in den falschen Flieger zu steigen (ich weiß, an sich eher unwahrscheinlich – aaaber wer meine Wenigkeit kennt, würde die Möglichkeit wohl trotzdem nicht ausschließen).

Am Flughafen angekommen, habe ich mich dann erstmal ans falsche Gate gesetzt. Dass die Schlange vor mir gar nicht zu meinem Flieger gehört, ist mir allerdings erst aufgefallen, als mein Name (für mich natürlich wie aus dem Nichts) aus den Lautsprechern kam. Eine kleine Panikattacke und einen Sprint später (ich glaube, so schnell bin ich noch nie gerannt), saß ich auch schon im ersten Flieger. Verschwitzt aber glücklich – keine Angst, es war der Richtige.

Nach einem kurzen Zwischenstopp in Amsterdam ging es dann gemeinsam mit Bele, meiner Mitfreiwilligen, ins nächste Flugzeug nach Accra. Als sie dann versehentlich an den Notfallknopf des Klos gekommen ist und eine der Stewardessen panisch an mir vorbei ist, um genauso panisch an die Tür zu klopfen und zu checken ob alles in Ordnung ist, wusste ich: das wird unser Jahr!

Ankunft

Am Flughafen wurden wir von unserem Mentor, Saint Dela Amegbe, Amma, unserer Mitbewohnerin, und acht weiteren Freunden unserer Vorfreiwilligen super herzlich empfangen. Anschließend ging es dann mit dem Minibus in die Hauptstadt der Volta Region, nach Ho – und während mir der Wind ins Gesicht pfeift (Notiz an mich: ein Haargummi wäre schon ganz praktisch gewesen), wir ein paar Worship Songs aus Delas Box hören und am Straßenrand die Umrisse einiger Verkäufer ersichtlich werden, fange ich so langsam an zu realisieren, dass es mit dem Auslandsjahr diesmal wirklich geklappt hat. An unserem Haus angekommen, haben wir zunächst eine kleine Roomtour bekommen, uns jeder ein Zimmer ausgesucht und sind vollkommen erschöpft in die Betten gefallen. 

Die ersten Tage

Das Ganze ist mittlerweile gut einen Monat her. Ein Monat voller neuer Eindrücke, neuer Ideen und Erfahrungen. Gerne würde ich euch alles bis ins kleinste Detail berichten – das wäre aber schlichtweg zu viel. Da Kurzfassungen aber auch nicht ganz so mein Ding sind, versuchen wir es einfach mal mit einem Zwischending…

Die erste Woche war zur Eingewöhnung ein bisschen ruhiger. Ich habe erst einmal mein Zimmer eingerichtet, bin dabei an den hohen Decken verzweifelt (die machen es regelrecht unmöglich, ein Mückennetz zu befestigen) und hätte schon fast aufgegeben, bis Bele dann irgendwann mit der Schnürsenkelkonstruktion des Jahrhunderts um die Ecke kam: Man nehme zwei paar Schnürsenkel, knote sie aneinander und spanne sie einmal quer von einer Gardinenstange zur nächsten – Voilà: Problem gelöst!

Let‘s call it „kreative Lösung“ – Unsere Schuhe sind jetzt offiziell schnürsenkelfrei!

Von Dela haben wir die ersten Tage eine kleine Rundführung durch die Zentrale der E.P. Church (Headquarters) bekommen. Mit den vielen Namen hadere ich zwar immer noch, die Tatsache, dass ein großer Teil der Mitglieder aus Pastoren besteht und sich demnach mit der Bezeichnung “Osofo“ zufrieden gibt, macht es dann aber doch ein bisschen leichter und hat mich schon das ein oder andere Mal vor dem Tritt ins Fettnäpfchen bewahrt.

Aaaber ihr wärt ja nicht auf meinem Blog, wenn dann nicht doch noch irgendetwas in die Hose gegangen wäre…

Kaum sitze ich vor den Vorsitzenden der Kirche (WIRKLICH angesehene Personen), fragt mich einer der Anwesenden: “Are you married?“ – was sich mit ghanaischem Akzent in etwa so anhört: [mæɹet].

In der festen Überzeugung, mit unserer Vorfreiwilligen Marit verwechselt worden zu sein, antworte ich also: “No, I‘m Maite“ – und wäre, nach einem kurzen Blick in lauter verdutzter Gesichter, am liebsten im Erdboden versunken.

Was haben wir sonst noch so erlebt?

Auch die ein oder andere Sightseeing Tour haben wir schon hinter uns, denn Nelson, der Accountant der E.P. Kekeli International School, hat sich als leidenschaftlicher Tourguide entpuppt. Mit ihm haben wir den Mona Monkeys einen Besuch abgestattet (in der Umgebung leben 13 Familien mit jeweils ca. 120 Affen zusammen, die die Dauer ihrer „Freundschaft“ jedoch auf euren Bananenvorrat beschränken) und sind zu den Wli Agumatsa Waterfalls, den höchsten Wasserfällen Westafrikas, gefahren. Der Weg dorthin führt durch einen beeindruckenden Wald mit lauter Kakaobäumen – wobei ich zugegebener Weise erst einmal nachfragen musste, welche Frucht ich gerade überhaupt in den Händen halte. Dass man eigentlich nur das weiße Fruchtmus essen sollte, das die Samen umgibt (aus diesen wird später Kakao hergestellt), wurde uns allerdings erst gesagt, NACHDEM wir schon beinahe die gesamte Frucht gegessen hatten – natürlich mitsamt der Samen. Lecker war es trotzdem (hat mich ein bisschen an Bucheckern erinnert).

Wenn wir schonmal beim Thema Essen sind

“Bread is no food“ – Zitat von so gut wie allen Ghanaer/-innen, die uns nach dem Frühstück fragen

Gemeinsam mit Amma durften wir schon einige ghanaische Gerichte probieren. Zu meinen Favoriten gehören bisher Jollof (ein Reisgericht, das mit Tomatensoße, Zwiebeln, Paprika, Fisch oder Fleisch und verschiedenen Gewürzen zubereitet wird) und Yam (eine Wurzel, die mich rein optisch an eine zu groß geratene Ingwerknolle erinnert, geschmacklich wiederum eher im Bereich der Kartoffel zu verorten ist). Das Ganze zum Frühstück zu essen, fällt mir dann aber doch noch ein bisschen schwer (Fun Fact: ALLE drei Mahlzeiten, die hier an einem Tag gegessen werden, sind warm). Meist schmiere ich mir also einfach eine Schnitte Brot und hoffe, dass mich anschließend niemand nach dem Essen fragt – andernfalls blicke ich in komplett schockierte Gesichter, gefolgt von der Frage, ob das denn alles zum Frühstück gewesen sei und übermäßiger Brotkonsum nicht zu Verstopfungen führen würde.

Zurück in die Schule

Mawuli Senior High School

Mein Hauptprojekt ist die Mawuli Senior High School („Mawuli“ = „Gott ist da“). Dort findet man mich an drei Tagen in der Woche. Die Schule wurde 1950 von der E.P. Church gegründet und ist die erste von der Regierung unterstützte Senior High School der Volta Region. Insgesamt zählt sie 3548 Schüler/-innen im Alter zwischen 15 und 19 – zu viele für das (in meinen Augen trotzdem riesige) Gelände, weshalb nur zwei von drei Jahrgängen den Unterricht besuchen. Die übrigen Schüler/-innen haben Ferien, sollten diese jedoch ebenfalls zum Lernen nutzen. Wie in den meisten Senior High Schools in Ghana üblich, wohnt ein Großteil der Lernenden auf dem Gelände. 

Neben den Pflichtfächern Mathe, Englisch, Sciens und Social Studies, wird eines von acht Profilen gewählt, das sich aus weiteren Fächern zusammensetzt. Auch ich durfte mir ein Profil aussuchen und bin nach dem Ausschlussprinzip (Mathe, Physik und Englisch sind eher nicht so mein Ding, auf Ewe kann ich mich gerade mal vorstellen und meine „Französischkenntnisse“ beschränken sich auf die Ausdrücke „Baguette“, „Croissant“ und „Bonne année“) bei „Visual Arts“ gelandet. So durfte ich in den vergangenen Wochen Unterrichtseindrücke aus verschiedenen Kunstkursen sammeln, darunter „General Knowledge in Art“ (allgemeines Kunstverständnis), „Jewellery“ (Schmuckkurs), „Sculpture“ (Skulpturenkurs) und „Picture Making“ (Variation aus Malen, Zeichnen, Fotografie, etc.) und mithelfen, die Wand vor dem Jewellery-Gebäude zu bemalen.

Über den Unterricht weiß ich bisher noch zu wenig, als dass ich ihn bereits zum jetzigen Zeitpunkt beurteilen könnte.

Fest steht: auch, wenn ich mich an den Gedanken, mit Schüler/-innen zu arbeiten, deren Alter über das Grundschulalter hinausgeht, zunächst gewöhnen musste, bin ich mit der Einsatzstelle sehr zufrieden. Die Schüler/-innen haben mich super gut aufgenommen, sind sehr bemüht, mir eine Vielzahl an Sprachen beizubringen (neben der Amtssprache Englisch werden in Ghana über 40 weitere Sprachen gesprochen, darunter Ewe, Twi und Ga) und stellen mir eine MENGE Fragen über das Leben und die Menschen in Deutschland – mein bisheriger Favorit: “Do you find it difficult to kiss someone when both of you have such long noses?“ (Findest du es schwierig, jemanden zu küssen, wenn beide von euch eine solch lange Nase haben?). Auch die Frage, wann ich selbst ein paar Stunden übernehmen werde, taucht immer wieder auf. Zwar steht es mir frei, auch eigene Stunden gestalten zu können, fürs Erste habe ich mich aber dagegen entschieden. Der Grund? Ich studiere zwar Lehramt und habe auch schon eigenständig unterrichtet, mit meiner Fächerkombination und dem Mangel an Fachwissen im Visual-Art-Bereich, könnte ich den Schüler/-innen hier im Unterricht jedoch nicht gerecht werden. Zunächst begleite ich die Klassen also nur als Observer.

Zwischen den Stunden zahlt sich das Studium dann doch ein bisschen aus – immer wieder werde ich von Schüler/-innen gebeten, ihnen die deutsche Sprache etwas näher zu bringen, was mir super viel Spaß macht. Sind die Freistunden etwas länger, besuche ich das Center für die visually impaired students (die Mawuli High School ist für Schüler/-innen mit und ohne Sehbeeinträchtigung ausgelegt). Hier habe ich von Theresa, einer Freiwilligen die ausschließlich im Center tätig ist, eine kleine Einführung in die Brailleschrift bekommen und übe mich ab und zu darin, erste Abschnitte (bisher hauptsächlich Übungssätze) in die Schwarzschrift zu übersetzen.

Braille -> Schwarzschrift

Die restlichen zwei Tage darf ich Bele und Nelson zur E.P. Kekeli International School begleiten. Hierbei handelt es sich um eine private Grundschule mit ca. 150 Schüler/-innen im Alter von 1-15 Jahren. Da es Beles Hauptprojekt ist, möchte ich an dieser Stelle gar nicht so viel vorwegnehmen – schaut gerne mal auf ihrem Blog vorbei, dort findet ihr weitere Infos. Aufgrund der Abschlussarbeiten und der anschließenden Vorbereitung auf die Graduation, gab es für uns bisher noch nicht so viel zu tun. Nach den Ferien wird es unsere Aufgabe sein, die ein oder andere Deutschstunde zu gestalten.

E.P. Kekeli International School

Graduationday

Für einen Moment habe ich mich gefühlt, wie in einem der amerikanischen High-School-Filme: ein feierlich geschmückter Raum, DJ und die Schüler/-innen der Abschlussklassen in Robe mit Hut. Ob gerade die jüngeren Kinder den Anlass der Festlichkeit überhaupt realisiert haben, war mir nicht ganz klar – ihren Spaß schienen sie aber gehabt zu haben. Neben der Zeugnisvergabe reichte das Programm von verschiedenen Choreographien über einzelne Songs bis hin zu einem Theaterstück. Das Highlight: Die Fashion Show der Basic 1. Wie echte Profis sind die Schüler/-innen zwischen den Sitzreihen entlanggelaufen – immer mit dabei: Fotograf Nelson, der (610 Bilder später) vielleicht ein bisschen ZU motiviert gewesen ist.

Sooo, ich glaube, es reicht erst einmal mit ersten Eindrücken.

Ich bin super gespannt, was der Oktober für mich bereit hält und freue mich, euch wieder ein bisschen mitzunehmen. 

Fortsetzung folgt…

Willkommen auf meinem Blog!               

Hey, schön, dass ihr den Weg zu meinem Blog gefunden habt. Ich freue mich, euch in den nächsten 12 Monaten von meinen Erlebnissen in Ghana zu berichten und euch auf diesem Wege auf meine Reise in die Volta Region mitzunehmen.  

Zunächst ein bisschen über mich: Ich bin Maite und komme aus Niedersachsen, nahe der niederländischen Grenze, wo ich im Frühjahr 2021 mein Abitur abgelegt habe. Plan A, direkt danach für einen Freiwilligendienst nach Ho zu reisen, ist coronabedingt leider ins Wasser gefallen. Anstatt einen anderen Kontinent zu erkunden, ging es für mich dann also erstmal ins Bundesland nebenan, um mich dort meinem Plan B zu widmen, ein Lehramtsstudium mit den Fächern Niederländisch und Deutsch.

Kleines Resümee: Das Studium ist schon ganz cool, gegen den Traum ins Ausland zu reisen, kam es dann aber doch nicht an. Um so mehr habe ich mich über die Möglichkeit gefreut, meine Einsatzstelle in Ho behalten zu dürfen. Zwei Jahre, ein paar Vorbereitungsseminare und einen Sprachkurs später, sitze ich also im Flieger nach Ghana. Was mich dort erwarten wird? Finden wir es raus…

Viel Spaß beim Lesen!

WICHTIG: 

Dieser Blog spiegelt lediglich meine subjektiven Eindrücke wieder – durch die Schilderungen kann also weder auf ganz Ho noch auf ganz Ghana – und schon gar nicht auf den gesamten afrikanischen Kontinent geschlossen werden! Für Fragen, Anregungen oder sonstige Mitteilungen, scheut bitte nicht vor der Kommentarfunktion zurück – für konstruktive Kritik bin ich immer dankbar.