Die ersten Tage

Es ist jetzt über 2 Wochen her, dass ich Ghana gelandet bin. Was ich bis jetzt erlebt habe, ist schlecht zusammenzufassen und ich habe das Bedürfnis, jede Einzelheit aufzugreifen. Aber ich versuche, mich kurz zu halten.

Mein FSJ hat mit einem sechsstündigen Flug von Amsterdam nach Accra begonnen. Obwohl die Tage zuvor eigentlich auch schon dazu gehörten, so viele Dokumente, Pack- und Einkaufslisten für mein Auslandsjahr, wie ich ausgefüllt und abgehakt habe. Durch den ganzen Stress der vorigen Tage merke ich erst im Flugzeug, dass es jetzt wirklich losgeht und ich meine Freunde und Familie für ein ganzes langes Jahr nicht sehe.  Über Heimweh mache ich mir trotzdem weniger Gedanken, als um die Ankunft in Ghana. Die Unklarheit darüber, was mein zukünftiger Arbeitsplatz bei der Entwicklungsabteilung der Evangelical Presbyterian Church of Ghana (Evangelical Presbyterian Development and Relief Agency, kurz EPDRA) für Anforderungen und Erwartungen an mich hat, beschäftigt mich den ganzen Flug über. Dadurch überrumpelt mich die Landung in Accra, Ghanas Hauptstadt, ein bisschen. Als wir dann gut zwei Stunden auf Passkontrolle und Gepäck warten, stellt sich das Gefühl schnell ein und weicht purer Erschöpfung.

An diesem Tag geht es für meine Mitfreiwillige Antonia und mich jedoch noch bis nach Ho, der Hauptstadt der Volta Region, die östlich des namensgebenden Volta Stausees im Süden liegt. Hier befindet sich das Headquarter der Evangelical Presbyterian Church (kurz EPC), das wir ansteuern und in dessen Nähe Antonia und ich unser Jahr verbringen werden.


Am Flughafen werden wir von unserem Mentor Reverend Dela Amegbe und Eyram, meiner Vorgesetzten bei EPDRA, herzlich empfangen. Mein Gepäck und ich werden schnell in einen Bus der Kirche verfrachtet und um 23 Uhr machen wir uns auf den letzten Schritt meiner Anreise. Da in Ghana die Sonne schon um 18 Uhr untergeht, kann ich nur in den Dörfern und Städten etwas aus dem Busfenster erspähen. Jedoch döse ich durchgängig und werde nur von Baustellen und Schlaglöchern wachgerüttelt , sodass mir nur eine laute Party in einem Lokal am Straßenrand, eine Passkontrolle bei einem der häufigen Polizeikontrollpunkten direkt an den Straßen und ein paar Frauen, die Brot an anhaltende Autofahrer verkaufen, im Gedächtnis bleiben. Letztere tragen ihre Ware in großen Metallschüsseln auf dem Kopf, wobei oft ein mehrfach gefaltetes Tuch zwischen Haar und dem zu tragenden Objekt platziert wird.

In Ho angekommen werden wir im Kekeli Hotel direkt neben dem Kirchengelände untergebracht. An den folgenden Tagen wird uns sehr viel Zeit gegeben (uns kommt es manchmal als zu viel Zeit vor), uns an unsere neue Umgebung zu gewöhnen.

Mit dem Wetter habe ich eigentlich kein Problem. Es ist zwar den ganzen Tag über um die 28° warm und die Luftfeuchtigkeit ist hoch, aber man gewöhnt sich schnell an die Temperaturen. Gerade ist noch Regenzeit, die wie die deutschen Jahreszeiten durch den Klimawandel so verschoben wird, dass niemand genau sagen kann, wann sie denn jetzt vorbei seien wird. Der gelegentliche Nieselregen und seltener Platzregen beruhigen mich, teils weil ich das Prasseln aufs Dach gerne höre, teils weil es in der Trockenzeit noch heißer werden soll.

Auch an das Essen, das wir in Ho finden können tasten wir uns langsam ran. In der ersten Woche bin ich mir relativ sicher, dass ich zur Hälfte aus Reis bestehe. Abgesehen davon und sehr vielen Eiern, die mir als Vegetarier als Fleischersatz dienen, zeigt uns vor allem unser Freund Nelson Alternativen. Mit ihm probieren wir Banku, ein Gericht aus Mais, das als Kloß mit den Händen gegessen wird, und Indomie, angebratene Instantnudeln, die man an Ständen an der Straße kaufen kann. Zu beiden essen wir Peppee, eine Soße aus Chili, die ich jedoch kaum verkrafte, weil sie extrem scharf ist. Ein anderes mal kochen wir zusammen Plantain (Kochbanane) in ihrer Schale, die danach entfernt wird. Dazu gibt es Avocado, gekochtes Ei und eine scharfe Stew.

Auch unser Mentor zeigt uns ghanaisches Essen. Mit ihm probieren wir Jollofreis, den ich schon von meinem Urlaub in Ghana in 2019 kenne und liebe. Der Reis wird in Tomatensoße mit Gemüse und Chilis gekocht und hat dadurch eine orange-rote Farbe. Clement, ein weiterer Freund, der gleichzeitig auch bei der EPC arbeitet, bereitet dieses Gericht zur Einweihung in unserer Unterkunft vor. Dabei ruft er uns alle 5min dazu, damit wir lernen, wie wir es selber zubereiten können. 

Allgemein wurden wir bisher oft lecker bekocht. Von Yayra, einer ghanaischen Freiwilligen der EPC, lernen wir, wie wir Redred zubereiten. Ein weiterer Favorit von mir, da ich frittierte Plantain als mein neues comfort food gefunden hab. Dazu gibt es Bohnen mit Zwiebeln und etwas Chili angebraten in Gari, rotem Palmöl.

Zu meinen bisherigen Erlebnissen:

Ich verbringe sehr viel Zeit in der Kirche und im Kirchenchor. Beides macht mir überraschenderweise echt Spaß, da  die Gottesdienste deutlich musikalischer sind und ich es trotz fehlendem Talent mag zu singen. Darüber sehen die Chormitglieder im EPSU (Studentenorganisation der EPC) Chor großzügig hinweg. Nach einer beendeten Strophe wir mir manchmal ein aufmunterndes „You’re trying“ zugeflüstert.

Außerdem konnte ich das Yamsfestival besuchen, einer Beerdigung beiwohnen, die von meinem Mentor geleitet wurde und ein Fusballspiel zwischen Ho und einem Verein aus Accra beobachten. Zu Fussball und den Gottesdiensten wird es wahrscheinlich noch gesonderte Blogartikel geben.

Letztlich bleibt noch das Thema Arbeit:
Nach einer Woche Eingewöhnung durfte ich starten. Derzeit gibt es noch wenig für mich zu tun und ich verbringe viel Zeit damit, auf Mitarbeiter_innen zu warten, die mich mitnehmen, um Projekte von EPDRA zu besuchen. Ich soll zwischen verschiedenen Aufgaben rotiert werden. Der erste Plan ist, mich für einige Zeit in die Apotheke, die von EPDRA gefördert wird, eintauchen zu lassen. Auch ein Trip zu etwas weiter entfernten Projekten, zum Beispiel in Hohoe, ist geplant.

Eventuell werde ich auch in einer Schule arbeiten, auch wenn ich diese Beschäftigung für Freiwillige ohne weitere Ausbildung eher kritisch sehe.

Diese andauernde Unsicherheit was die Arbeit betrifft, verhindert, dass ich mich gerade komplett wohl fühlen kann. Im Privatleben geht es mir Dank den neuen Freunden, die ich bereits gefunden hab, dem Sport und den zahlreichen Skippo-Runden mit meiner Mitfreiwilligen und nicht zuletzt dem gemeinsamen Kochen ganz gut. Zwar fehlt mir mein Motorrad und Fussball (ich darf verletzungsbedingt noch nicht in einem hiesigen Team spielen), aber dafür schmiede ich schon Pläne…

3 Gedanken zu “Die ersten Tage

  1. Hej Marit,
    schreib nicht so viel übers Essen, mir hat ständig der Magen geknurrt…😉
    Danke, dass du uns mitnimmst auf deinem Jahr in Ghana, wir sind total gespannt, was für Erfahrungen du noch machst.
    Ach ja, ein Platz im E-fehner Kirchenchor ist für dich schon mal reserviert, ist doch
    klar….
    Ganz liebe Grüße aus deiner Heimat
    ( ebenfalls Regenzeit, allerdings 13 Grad)
    von Thommi und Babs
    .

    Like

  2. Hallo Merit, wir haben Deinen Blog mit großem Interesse gelesen. Wäre schön wenn Du uns auch künftig auf dem Laufenden halten würdest.Wir wünschen dir für deine Aufgaben vor Ort viel Freude.
    LG Christa und Karl

    Like

  3. Hej Marit,
    Ganz liebe Grüße aus RheinMain! Schön, nun via Blog etwas ausführlicher über deine Tätigkeit und Erlebnisse zu lesen. Freue mich schon auf mehr… Weiterhin gutes Gelingen und Freude!
    Das ein oder andere Gericht verleitet zum Nachkochen…

    Henning

    Like

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s